Syndromale Kraniosynostosen
(Apert und Pfeiffer Syndrom, Morbus Crouzon)
Betroffene Kinder sind sehr gefährdet, einen erhöhten Hirndruck zu entwickeln. Aus diesem Grunde wird neben der klassischen Schädelplastik zur Vorverlagerung der Stirn und der Augenhöhlendächer (fronto-orbitales Advancement; siehe unter nicht-syndromale Kraniosynostosen) die posteriore (hintere) Schädelgrube mitbehandelt, um das intrakranielle Volumen zu erhöhen. Dies erfolgt durch eine prä-operative Helmtherapie (4. bis 7. Lebensmonat) und anschließend chirurgisch durch Dehnung der Lambdanaht (Schädelnaht im Hinterkopf) durch Einbringen einer Feder in Anlehnung an die kieferorthopädische Feder zur Gaumennahtdehnung. Die Feder-Technik („Springs“) zur Dehnung der Schädelnähte wurde Ende der 90er Jahre in Göteborg, Schweden, eingeführt. Die „Springs“ werden bei der klassischen vorderen Schädelplastik eingesetzt (Abb. 15).

Abb. 15 – Junge im Alter von 4 Monaten mit einem Apert-Syndrom (frühzeitige Verknöcherung der Sutura coronaris/ Verknöcherung der Kranznaht) und Handfehlbildungen (oben).
Im Alter von 4 Monaten wurde der Schädel mittels Orthese (Helm) behandelt, um das Wachstum nach hinten zu lenken (mittlere Reihe, siehe Pfeil 1), dies fördert eine bessere Zirkulation (Durchblutung) in der hinteren Schädelgrube. Die posteriore Schädelgrube wird ebenfalls durch Federtechnik bei Bedarf erweitert. Im Alter von 8 Monaten wurde die vordere Schädelbasis (frontoorbitales Advencement) vorverlagert (untere Reihe, siehe Pfeil 2). Im Alter von 6-8 Jahren wird das Mittelgesicht vorverlagert.
Bei der syndromalen Kraniosynostose sind nicht nur die Schädelnähte, sondern auch die Entwicklung der Schädelbasis betroffen. Die Beteiligung der Schädelbasis führt zu einer Mittelgesichtsunterentwicklung, die bereits nach der Geburt erkennbar ist. Während des Wachstums wird die Mittelgesichtsunterentwicklung zunehmen; dies führt unter anderem zur Verlagerung des Atemweges (Schlafapnoe), zum insuffizienten Lidschluss (trockene Augen mit folgenden Hornhautläsionen) und zu einem insuffizienten Lippenschluss (Speichelinkontinenz). Diese schwerwiegenden Zustände können durch die graduelle Vorverlagerung des Mittelgesichts (Distraktionsosteogenese in der Le Fort III-Ebene) behoben werden. Diese Operation wird im 6.-8. Lebensjahr vorgenommen. Bei funktionellen Einschränkungen wie Verlagerung des Atemweges, wird die Vorverlagerung des Mittelgesichtes vorgezogen. Ziel ist es, eine Tracheotomie/ Luftröhrenschnitt zu vermeiden (Abb. 16-17)

Abb. 16 – Junge im Alter von 11 Jahren mit einem Pfeiffer-Syndrom (frühzeitige Verknöcherung der Sutura coronaris/ Kranznaht) bds. Das Kind weist eine ausgeprägte Unterentwicklung des Mittelgesichtes auf, die zu erheblichen funktionellen Einschränkungen führt, unter anderem zu schwieriger Atmung durch Verlagerung des Atemweges. Ziel der Behandlung ist, den Gesichtsschädel vorzuverlagern; dies ermöglicht den Lidschluss, Mundschluss und die freie Atmung.

Abb. 17 – Junge im Alter von 12 Jahren mit einem Pfeiffer-Syndrom mit ausgeprägter Mittelgesichtshypoplasie (links). Graduelle Vorverlagerung des Mittelgesichtes nach einer eigenen Methode der Mittelgesichtsverankerung (rechts), (Roldán JC, Moralis A, Dendorfer S, Witte J, Reicheneder C. Journal of Craniofacial Surgery, 2011). Die Vorverlagerung des Mittelgesichtes (Le Fort III-Ebene) erfolgt im 6.-8. Lebensjahr bis zum 12. Lebensjahr oder früher bei funktioneller Beeinträchtigung (Verlagerung des Atemweges).